06. Spieltag 1993/94: FC Berlin - BSV Brandenburg 1:2

Steffen kam und staubte ab
Der Elfmeter zum Brandenburger Sieg erhitzte die Berliner Gemüter. FCB-Manager Dr. Fuchs trat in die Kabine 15, in der sich das Trio der Unparteiischen befand, und dankte laut und deutlich den beiden Linienrichtern und übersah bewußt Schiedsrichter Dietmar May - peinlich. Auch Trainer Bogs vermutete eine "Schwalbe" Steffens. Die Brandenburger hielten sich vornehm zurück: "Von der Mittellinie konnte ich die Aktion nicht genau erkennen", so Trainer Voigt. Klar auf den Punkt brachte es der Schiedsrichter selbst "Der Berliner Abwehrspieler hielt den Brandenburger Stürmer im Strafraum von hinten fest". Den Sieg verdiente sich der BSV in der zweiten Halbzeit eines mittelmäßigen Spieles mit anderen Mitteln.

Er gewann mehr Zweikämpfe als die Berliner. Lindner schleppte den Ball immer wieder nach vorn. Drabow schlug steile Vorlagen auf die Stürmer nahe den Außenlinien. Steffen sorgte in der Spitze nach dem Seitenwechsel (Trainer Voigt: "Er brauchte erst einmal eine Denkpause.") für frischen Wind. Demuth schaltete nicht nur Franke aus, sondern stieß auch, im Wechsel mit Hartmann, in die häufigen Lücken auf der rechten Berliner Deckungsseite. Offensichtlich erschraken die FCB-Spieler vor ihrer eigenen Courage in den ersten zwei Minuten. Den 16-m-Schuß von Jesse stoppte Torwart Wieland. Reckmanns Paß auf Pronischew verstolperte "Gorbi". Erst spät bedrohte der FCB das Brandenburger Tor erneut: Den Kopfball von Pronischew, nach Jesse-Freistoß, drosch Petsch 30 cm vor der Torlinie ins Feld zurück (25.).

Von nun an erkämpfte sich der FCB Vorteile. Die Jungs (Durchschnittsalter 21,5 Jahre) liefen und rannten. Das 1:0 fiel folgerichtig. Aber dann? Trainer Bogs: "Wir überließen, unverständlich, dem Gegner die Initiative. Ich weiß nicht, warum. Vielleicht fehlt uns im Mittelfeld ein Routinier, der die Fäden im Spiel in seine Hände nimmt." So prallten Oesker und Schröder im Vorwärtsgang zusammen und verloren den Ball. So schoß Reckmann 12 m vor dem eigenen Tor Brestrich an, von dessen Rücken das Streitobjekt auf den Schuh von Steffen tropfte: 1:1. So sprang Oesker wenige Sekunden vor Schluß 8 m vor Wieland hektisch an der Flanke von Brestrich vorbei. Überhastet, ohne Übersicht, unerfahren. Zudem mußte Trainer Bogs auf Dittrich (Lebensmittelvergiftung), Müller, Abdelhamid und Kocakaya (alle verletzt) verzichten. Das spürte man.

FC Berlin:
Oster; Brestrich; Zöphel, Reckmann; Jesse, Oesker, Schröder, Fensch, Nikol (74. Dahlke); Franke (80. Wittek), Pronischew
BSV Brandenburg:
Wieland; Voß; Schneider, Demuth; Reif (46. Steffen), Lindner, Drabow, Petsch, Hartmann;
Gluhacevic (82. Pellmann), Joppien

1:0 Pronischew         (41.)
1:1 Steffen            (58.)
1:2 Drabow             (75. Foulstrafstoß)

Schiedsrichter:        May (Thale)
Zuschauer:             265

Kurt Auerbach, Fußballwoche, 20.09.1993